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Michael Gratz wählt eines der Gedichte von Theresa Luserke aus

  • ursengeler
  • 4. Juli
  • 2 Min. Lesezeit

Nämlich dieses:


wachhundich merke auf: wenn nun das salz nicht mehr salzt, womit soll man salzen? ich gehe hin und beobachte die andere: sie hat ihre wortschaufel in der hand; sie wird um die tanne fegen, denk ich, leise und ihre scherben in die scheune schütten. nachts steh ich herum, der mond strahlt. scheinwerfer der auf meinen stehfleck scheint. ich sage halsstarrig zum erdboden: bis himmel und erde vergehen, wird nicht vergehen der kleinste buchstabe, noch ein tüpfelchen vom gesetz, bis es alles geschieht. ich halte den wachhund, kampfgewicht, widerspenstig am halfter. ich träume: sie hat die ausgeburt zu tode gepflegt, mit salz und licht, mit gewaltiger geduld hat sie eintöpfe gekocht und ausgelesen. ich wache auf: alle wörter die gesprochen wurden beschirmen uns. ich gehe hin, in gedanken, und sage zu ihr: gnade. die lange schnur wörter die wir haben ... das ist doch eine menge geschmolzen als ein leuchtendes blech! dann schwing ich mich voller leidenschaft und stolz auf ein pferd und treib es an den falben dass er wegspritzt

Aus: Theresa Luserke: ist liegt hinterm haus. Hrsg. Christian Filips. Berlin, Schupfart und Wien: roughbooks, 2025 (roughbook 066), S. 65 > https://roughbooks.ch/theresa_luserke/ist_liegt_hinterm_haus.html


Und kommentiert dazu:


Das Gedicht hat 170 Wörter, 1 Minute Lesezeit ... aber nur wenn man es schnell mal durchliest. Man könnte auch verweilen, das Gedichte verlangt langsames Lesen, wieder und wieder lesen, in der Bibel nachschlagen (die kursiven Stellen sind der Bergpredigt entnommen, ich habe die beiden Stellen mal mit wenig mehr Kontext unter den Text gestellt), darüber nachdenken, wie die Überschrift Kontext mitgibt oder wer "die andere" ist. Und ja, ein Pferd ist auch wieder dabei, das "halfter" hätte uns gleich stutzig machen sollen. 412 Wörter.


Ihr seid das Salz der Erde. Wenn nun das Salz nicht mehr salzt, womit soll man salzen? Es ist zu nichts mehr nütze, als dass man es wegschüttet und lässt es von den Leuten zertreten.



Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen; ich bin nicht gekommen aufzulösen, sondern zu erfüllen. 18 Denn wahrlich, ich sage euch: Bis Himmel und Erde vergehen, wird nicht vergehen der kleinste Buchstabe noch ein Tüpfelchen vom Gesetz, bis es alles geschieht. 19 Wer nun eines von diesen kleinsten Geboten auflöst und lehrt die Leute so, der wird der Kleinste heißen im Himmelreich; wer es aber tut und lehrt, der wird groß heißen im Himmelreich. 20 Denn ich sage euch: Wenn eure Gerechtigkeit nicht besser ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, so werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen. Matthäus 5:17


Das alles in der Lyrikzeitung vom 3. Juli 2025, https://lyrikzeitung.com/2025/07/03/wachhund/



 
 
 

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